IEC 62443 ist eine umfassende Serie internationaler Standards für Cybersecurity in industriellen Automatisierungs- und Steuerungssystemen (Industrial Automation and Control Systems - IACS). Diese Standards definieren systematische Ansätze zum Schutz kritischer Infrastrukturen vor Cyber-Bedrohungen durch Defense-in-Depth-Strategien, Risikomanagement und Security Lifecycle-Prozesse.
IEC 62443 gliedert sich in vier Hauptkategorien: General (62443-1), Policies & Procedures (62443-2), System (62443-3) und Component (62443-4). Jeder Standard adressiert spezifische Aspekte industrieller Cybersecurity.
Security Levels (SL 1-4) definieren Schutzanforderungen gegen verschiedene Angreiferprofile von opportunistischen Hackern bis zu nation-state actors. Zone and Conduit Model segmentiert industrielle Netzwerke für systematische Risikobeurteilung.
Risk-based Approach verbindet Business Impact mit technischen Sicherheitsmaßnahmen. Consequence-driven Cyber-informed Engineering priorisiert kritische Assets und Prozesse.
Fundamental Security Requirements (FSR): Sieben Grundanforderungen umfassen Identification & Authentication, Use Control, System Integrity, Data Confidentiality, Restricted Data Flow, Timely Response to Events und Resource Availability.
Defense in Depth: Multiple Sicherheitsschichten von physischer Security über Netzwerksegmentierung bis zu Applikationssicherheit. Redundante Sicherheitsmaßnahmen kompensieren einzelne Schwachstellen.
Security Lifecycle: Systematischer Prozess von Risikobeurteilung über Design und Implementation bis zu Monitoring und Maintenance industrieller Cybersecurity-Systeme.
Energieversorgung: Smart Grid-Infrastrukturen, Kraftwerkssteuerungen und Übertragungsnetze implementieren IEC 62443 für Schutz vor Cyber-Angriffen auf kritische Energieversorgung. NERC CIP-Compliance wird durch 62443-Konformität unterstützt.
Fertigungsindustrie: Manufacturing Execution Systems, robotische Fertigungslinien und Prozessleitsysteme nutzen segmentierte Netzwerkarchitekturen mit Industrial DMZ und verschlüsselter Kommunikation.
Chemie und Petrochemie: Safety Instrumented Systems (SIS) und Distributed Control Systems erfordern höchste Cybersecurity-Levels zum Schutz vor katastrophalen Ereignissen durch Cyber-Angriffe.
Wasserwirtschaft: SCADA-Systeme für Wasseraufbereitung und -verteilung implementieren IEC 62443 für Schutz der öffentlichen Gesundheit und Umwelt vor Cyber-Bedrohungen.
Cyber Risk Assessment: Systematische Identifikation von Assets, Bedrohungen und Schwachstellen in IACS-Umgebungen. Consequence-based Methodology priorisiert kritische Systeme nach Business Impact.
Security Architecture: Design sicherer Netzwerkarchitekturen mit Zonen, Conduits und Security Controls. Reference Architecture Models bieten bewährte Patterns für verschiedene Industrien.
Security Policies: Entwicklung spezifischer Cybersecurity-Richtlinien für industrielle Umgebungen. Incident Response Plans adressieren OT-spezifische Anforderungen.
Network Segmentation: Mikrosegmentierung und VLAN-Isolierung kritischer Steuerungssysteme. Industrial Firewalls mit Deep Packet Inspection für OT-Protokolle.
Identity and Access Management: Multi-Factor Authentication, Role-based Access Control und Privileged Access Management für industrielle Systeme. Certificate Management für Machine-to-Machine Authentication.
Monitoring and Detection: Security Information and Event Management (SIEM) für OT-Umgebungen. Anomaly Detection identifiziert ungewöhnliche Kommunikationsmuster oder Systemverhalten.
IEC 62443 harmoniert mit Safety-Standards wie IEC 61508 (Functional Safety). Security-Safety Interface stellt sicher, dass Cybersecurity-Maßnahmen Safety-Funktionen nicht beeinträchtigen.
Combined Safety and Security Risk Assessment berücksichtigt Wechselwirkungen zwischen Cyber-Bedrohungen und funktionaler Sicherheit. Security Controls müssen Safety Integrity Levels respektieren.
ISA/IEC 62443 Cybersecurity Certificates validieren Konformität von Produkten und Systemen. EDSA (Embedded Device Security Assurance) Certification für industrielle Komponenten.
Third-party Security Assessment durch akkreditierte Prüflabore gewährleistet unabhängige Validierung. Penetration Testing und Vulnerability Assessment in OT-Umgebungen.
Cybersecurity Management Systems (CSMS) etablieren organisatorische Strukturen für industrielle Cybersecurity. Security Governance integriert OT-Security in Unternehmensrichtlinien.
Supply Chain Security Management adressiert Cybersecurity-Risiken in komplexen Lieferketten industrieller Systeme. Vendor Risk Assessment bewertet Drittanbieter-Komponenten.
Legacy System Integration erfordert spezielle Ansätze für veraltete industrielle Steuerungssysteme ohne native Security-Features. Retrofit-Sicherheitslösungen schaffen Schutz für Brownfield-Anlagen.
Cloud Integration und Remote Access schaffen neue Angriffsvektoren, die durch Zero Trust-Architekturen adressiert werden.
IEC 62443 entwickelt sich zum globalen Standard für industrielle Cybersecurity, der kritische Infrastrukturen, Produktionsanlagen und Smart Cities vor evolving Cyber-Bedrohungen schützt.