MES Architekturen im Vergleich: On-Prem, Hybrid & Cloud-native
Warum die Architektur entscheidend ist
Die Wahl der richtigen MES-Architektur bestimmt, wie flexibel, skalierbar und zukunftssicher eine Produktions-IT wirklich ist.
Ein Manufacturing Execution System (MES) verbindet die Planungsebene (ERP) mit der Ausführungsebene im Shopfloor.
Wie diese Verbindung technisch realisiert wird – also ob lokal, gehostet oder cloud-nativ – hat direkte Auswirkungen auf Kosten, Wartung, Integration und Performance.
Laut der VDI-Richtlinie 5600 und Marktstudien von IoT Analytics (2024) verlagern sich MES-Implementierungen zunehmend von klassischen On-Prem-Systemen zu Cloud-basierten Architekturen.
Dieser Wandel erfolgt meist schrittweise – von On-Prem über Hybrid („Lift & Shift“) hin zu Cloud-native-Lösungen.
Überblick über die drei Architekturmodelle
1. On-Prem MES – lokal betrieben, maximal kontrolliert
Ein On-Prem MES wird vollständig im eigenen Rechenzentrum installiert.
Alle Daten bleiben intern, die Infrastruktur wird durch die IT des Unternehmens betrieben.
Vorteile:
– volle Datenhoheit und Offline-Fähigkeit
– individuelle Anpassungen möglich
– hohe Sicherheit bei strengen Compliance-Vorgaben
Nachteile:
– hohe Investitionskosten (CAPEX)
– lange Projektlaufzeiten
– aufwendige Wartung und begrenzte Skalierbarkeit
Typisch für regulierte Branchen oder Unternehmen mit Sicherheitsanforderungen (z. B. Pharma, Defense).
2. Hybrid MES (Lift & Shift) – die Brücke zur Cloud
Das Hybrid MES oder „Lift & Shift“-Modell verlagert ein bestehendes On-Prem-System in eine Cloud-Infrastruktur (z. B. Microsoft Azure), ohne die Software neu zu entwickeln.
Vorteile:
– geringere IT-Last, da Server extern gehostet
– schnellere Skalierung über virtuelle Maschinen
– schrittweiser Übergang zur Cloud möglich
Nachteile:
– kein echter Microservice-Ansatz
– weiter hohe Lizenzkosten
– eingeschränkte Flexibilität für IIoT- oder KI-Anwendungen
Ideal für Unternehmen, die Cloud-Erfahrungen sammeln möchten, ohne gleich ihre komplette Systemlandschaft zu erneuern.
3. Cloud-native MES – modern, skalierbar und wartungsfrei
Ein Cloud MES ist von Grund auf für die Cloud konzipiert.
Es basiert auf Microservices, API-First-Design und kontinuierlichen Updates (SaaS-Modell).
Vorteile:
– Start in Stunden statt Monaten
– keine lokalen Server, keine IT-Wartung
– flexible Skalierung und automatische Updates
– native Integration mit ERP, IIoT und KI-Systemen
Nachteile:
– Abhängigkeit von Cloud-Provider und Internetverbindung
– begrenzte Individualisierung im Vergleich zu On-Prem
Der Ansatz gilt heute als Standard der Industrie 4.0 – schnell, sicher und global ausrollbar.
Vergleich der MES-Architekturen
| Kriterium | On-Prem MES | Hybrid (Lift & Shift) | Cloud-native MES |
|---|---|---|---|
| Hosting | eigenes Rechenzentrum | gehostet in Cloud-VM | SaaS-Plattform |
| Architektur | monolithisch | monolithisch, virtualisiert | Microservices, API-first |
| Kostenmodell | CAPEX | CAPEX + OPEX | OPEX (Subscription) |
| Implementierungszeit | 12–24 Monate | 6–12 Monate | 2–8 Wochen |
| Wartung & Updates | manuell | halbautomatisch | automatisch |
| Skalierbarkeit | gering | moderat | hoch |
| IIoT / KI-Integration | eingeschränkt | teilweise | nativ |
| Sicherheits- & Compliance-Kontrolle | intern | geteilt | extern zertifiziert |
| Typische Nutzung | regulierte Industrie | Übergangsphase | moderne Smart Factory |
ISA-95 als verbindendes Referenzmodell
Unabhängig von der Architektur bleibt die Integration zwischen MES und ERP entscheidend.
Das international anerkannte ISA-95-Modell beschreibt die Schnittstelle zwischen Level 3 (MES) und Level 4 (ERP).
Es sorgt für klare Datenflüsse, standardisierte Kommunikation und ermöglicht es, hybride oder Cloud-Lösungen nahtlos einzubinden.
Damit bildet ISA-95 das Rückgrat jeder modernen MES-Architektur.
Wie Unternehmen den richtigen Weg wählen
Der Umstieg auf neue Architekturen ist kein Alles-oder-Nichts-Projekt.
Viele Unternehmen wählen zunächst einen Pilotstandort oder ein Evaluierungs-Szenario, um Erfahrungen mit Cloud-MES zu sammeln.
Wichtig ist eine klare Strategie:
- Ziele definieren – z. B. Transparenz, Skalierung, Kostensenkung.
- IT- und OT-Integration bewerten (bestehende Systeme, Schnittstellen, Sicherheit).
- Pilotphase planen (z. B. eine Linie oder ein Werk).
- Ergebnisse auswerten und Architekturentscheid langfristig festlegen.
Erfolgreiche Unternehmen kombinieren dabei technologische Modernisierung mit einem klaren Change-Management.
Fazit
Die Wahl der MES-Architektur entscheidet über Agilität und Wettbewerbsfähigkeit in der Produktion.
Während On-Prem maximale Kontrolle bietet, ermöglicht Hybrid einen risikoarmen Übergang, und Cloud-native setzt neue Maßstäbe in Geschwindigkeit, Skalierbarkeit und ROI.
Welche Variante die richtige ist, hängt von Branche, IT-Strategie und Zukunftsplanung ab – der Trend zeigt jedoch eindeutig in Richtung Cloud.
Alle MES-Themen im Überblick finden Sie im Hauptartikel zu MES.
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