MES vs. SCADA: Unterschiede, Schnittstellen und Rollen im Shopfloor
Einleitung: Zwei Ebenen derselben Fabrik
In der vernetzten Produktion existieren zahlreiche IT-Systeme, die Daten erfassen, visualisieren und steuern. Besonders oft werden MES (Manufacturing Execution System) und SCADA (Supervisory Control and Data Acquisition) verwechselt, da beide mit Echtzeitdaten arbeiten und Maschinenzustände abbilden.
Der entscheidende Unterschied liegt in Zielsetzung, Nutzungsebene und Datenkontext:
- SCADA überwacht und steuert Prozesse auf Anlagenebene.
- MES analysiert, dokumentiert und optimiert Produktionsprozesse auf Betriebsebene.
Beide Systeme sind integrale Bestandteile der Fertigungs-IT und müssen sauber voneinander abgegrenzt und integriert werden, um einen durchgängigen Informationsfluss zu gewährleisten.
Technische Einordnung nach ISA-95
Das ISA-95-Modell definiert die funktionale Schichtenarchitektur der industriellen IT:
| Ebene | Systemtyp | Hauptaufgabe |
|---|---|---|
| Level 4 | ERP | Geschäftsplanung, Ressourcenmanagement |
| Level 3 | MES | Produktionssteuerung, Ausführung, Analyse |
| Level 2 | SCADA / Leitstand | Prozessüberwachung, Anlagensteuerung |
| Level 1 | SPS / PLC | Maschinensteuerung, Regelkreise |
| Level 0 | Sensorik / Aktorik | Datenerfassung, physikalische Signale |
SCADA arbeitet also näher an der Automatisierungsebene, während das MES die operative Managementebene der Produktion bildet.
Systematischer Vergleich
| Kriterium | MES-System | SCADA-System |
|---|---|---|
| Ebenenzuordnung | ISA-95 Level 3 | ISA-95 Level 2 |
| Hauptfunktion | Produktionsausführung, Leistungsanalyse, Rückverfolgbarkeit | Prozessvisualisierung, Steuerung, Alarmmanagement |
| Datenebene | Aggregierte Betriebs- und Maschinendaten (BDE/MDE) | Rohdaten aus Sensorik, SPS und Feldgeräten |
| Zeithorizont | Minuten bis Stunden | Millisekunden bis Sekunden |
| Nutzergruppen | Produktionsleitung, Qualitätssicherung, Management | Anlagenführer, Instandhaltung, Leitwarte |
| Kern-KPIs | OEE, Ausschussrate, Schichtleistung, Stillstandszeiten | Temperatur, Druck, Durchfluss, Ventilstatus |
| Zielsetzung | Effizienzsteigerung, Transparenz, Reporting | Stabilität, Sicherheit, Prozesskontrolle |
Kurz: SCADA zeigt, was gerade passiert.
MES erklärt, warum es passiert und welche Folgen es hat.
Datenfluss und Integration zwischen MES und SCADA
In einer modernen Fertigungsarchitektur sind MES und SCADA bidirektional verbunden:
-
Bottom-Up (SCADA → MES):
-
Zustandsdaten von Maschinen, Sensorwerten und Alarmen
-
Produktionssignale (Start, Stop, Stillstand, Taktzeiten)
-
Qualitäts- und Prozessdaten (Temperatur, Druck, Zykluszeiten)
-
-
Top-Down (MES → SCADA):
-
Auftragsinformationen, Produktionsparameter, Sollwerte
-
Bediener- und Materialfreigaben
-
Anweisungen für Prozessanpassungen oder Chargenwechsel
-
Diese Integration erlaubt kontextualisierte Echtzeitdaten: Rohdaten aus SCADA werden im MES zu betriebsrelevanten Informationen verdichtet.
Beispiel:
Ein SCADA-System erkennt einen Temperaturanstieg in einer Anlage. Das MES verknüpft dieses Ereignis mit einem bestimmten Auftrag, Schicht und Produkt – und kann sofort Qualitätseinflüsse oder Maschinenstillstände bewerten.
Rolle im Datenökosystem der Industrie 4.0
In der vernetzten Fabrik (Industrie 4.0) sind SCADA-Systeme die Datenquelle, MES-Systeme der Dateninterpretator:
- SCADA liefert Signale in Echtzeit.
- MES standardisiert, bewertet und speichert diese Daten historisch.
- ERP nutzt aggregierte MES-Informationen für Planung und Kostenrechnung.
Diese vertikale Integration schafft die Voraussetzung für durchgängige Traceability, Predictive Analytics und Adaptive Process Control.
MES-Systeme übernehmen zunehmend auch die Rolle eines Data Hubs, der SCADA-Daten mit Kontextinformationen aus ERP, CAQ und PLM anreichert.
Praxisbeispiel: MES-SCADA-Integration mit SYMESTIC Cloud MES
SYMESTIC Cloud MES verbindet sich über OPC UA, MQTT oder REST-APIs direkt mit SCADA- und Steuerungssystemen.
Die Vorteile einer integrierten Architektur:
- Echtzeit-Erfassung von Prozess- und Maschinendaten ohne Gateway-Verzögerung
- Automatische Kontextanreicherung: Auftrag, Produkt, Schicht, Bediener
- Zentrale Datenspeicherung in der Cloud für standortübergreifende Analysen
- Dashboards und KPI-Visualisierung in Echtzeit (OEE, Ausschuss, Verfügbarkeit)
- Ereignis-Triggering: MES reagiert automatisch auf SCADA-Signale (z. B. Qualitätsgrenze überschritten → Produktionsunterbrechung)
Damit wird SCADA zum Datenlieferanten, MES zur Entscheidungsebene – eine Voraussetzung für digitale Exzellenz.
Wirtschaftlicher und operativer Nutzen
Unternehmen, die MES und SCADA integriert einsetzen, erzielen:
- +20 % höhere Datenqualität durch standardisierte Schnittstellen
- –60 % geringeren Aufwand für manuelle Protokollierung
- Schnellere Ursachenanalyse bei Prozessabweichungen
- Bessere Anlagenverfügbarkeit durch frühzeitige Warnungen
- Grundlage für KI-gestützte Optimierung von Parametern und Prozessen+
Die Synergie liegt im Zusammenspiel: SCADA kontrolliert, MES bewertet – gemeinsam ermöglichen sie datenbasierte Fertigungsentscheidungen.
Fazit
SCADA ist das Auge der Produktion.
MES ist das Gehirn.
SCADA sichert Prozessstabilität und Echtzeitsteuerung, MES sorgt für Analyse, Optimierung und Rückverfolgbarkeit.
Erst im Zusammenspiel entsteht eine integrierte, adaptive Fertigungsumgebung, die Transparenz und Effizienz über alle Ebenen hinweg garantiert.
Kurz:
SCADA überwacht Prozesse.
MES steuert Produktionsleistung.
Zusammen bilden sie das Nervensystem der Smart Factory.
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