Nachdem wir Ihnen in unserem vorherigen Artikel die Theorie hinter der OEE-Kennzahl näher gebracht haben, erfahren Sie nun, wie Sie diese Kennzahl in Ihrer Produktion erfolgreich implementieren können. Wir zeigen Ihnen unter anderem, wie Sie die OEE (Gesamtanlageneffektivität) in Ihrer Produktionsstätte richtig erfassen und optimal zur Produktivitätssteigerung einsetzen können. Der Prozess der OEE-Einführung lässt sich in vier Schritten zusammenfassen:
1. Auswahl einer Pilot-Maschine
Zuerst sollten Sie sich für eine Pilot-Maschine entscheiden, an der Sie Ihre ersten Erfahrungen mit OEE sammeln können. Dafür empfehlen wir Ihnen, den Prozess-Engpass auszuwählen. Der Prozess-Engpass ist der Prozessschritt, der mehr Arbeitsanfragen erhält als er mit seiner maximalen Durchsatzkapazität verarbeiten kann. Folglich beschränkt dieser Arbeitsschritt den Durchsatz des gesamten Prozesses. Die Optimierung dieses Arbeitsschritts führt daher zur Verbesserung des Gesamtprozesses.
2. Personalschulung
Damit Ihnen eine erfolgreiche OEE-Einführung gelingt, sollten Sie sicherstellen, dass Ihr für die Implementierung der OEE verantwortliches Team das grundlegende Wissen über die Funktion und den Nutzen der OEE besitzt. Ein gutes Verständnis bezüglich der OEE dient nicht nur zur reibungslosen Implementierung dieser Kennzahl, sondern motiviert Ihr Team auch, diese Kennzahl durchgängig zu verwenden und den maximalen Nutzen aus ihr zu ziehen.
3. Datenerfassung
Im Folgenden zeigen wir Ihnen die für die Berechnung der OEE-Faktoren erforderlichen Daten:
a) Anzahl der Gutteile: Gutteile sind Teile, die in dem ersten Prozessdurchlauf ohne Nacharbeit fehlerfrei gefertigt wurden. Die Anzahl der Gutteile unterstützt dabei, den Qualitätsfaktor zu berechnen. Die Erfassung der Gutteile kann entweder durch manuelles Zählen oder automatisiert durch Sensoren bzw. von der Maschine digital gesendete Signale erfolgen.
b) Anzahl der Schlechteile: Schlechtteile sind Teile, die nach dem ersten Prozessdurchlauf die angestrebte Qualität nicht erfüllt haben. Diese Teile können entweder durch Nacharbeit korrigiert oder sofort entsorgt werden. Die Summe der Anzahl der Gut- und Schlechtteile ergibt die Anzahl aller produzierten Teile, mit deren Hilfe der Leistungs- und Qualitätsfaktor berechnet werden können. Die Schlechtteile können ähnlich wie Gutteile erfasst werden.
c) Ideale Zykluszeit: Diese beschreibt die theoretische minimale Zeit, die bei einer Maschine zwischen der Produktion von zwei Bauteilen vergeht. Anhand der idealen Zykluszeit und der geplanten Produktionszeit kann die Soll-Anzahl produzierter Teile ermittelt werden, die folglich für die Berechnung des Leistungsfaktors benötigt wird. Die Festlegung der idealen Zykluszeit sollte realistisch erfolgen, um auch realistische Ergebnisse zu erzielen. Zum Beispiel kann sich bei zu hohen Zykluszeiten eine Anlageneffizienz von größer als 100% ergeben.
d) Geplante Produktionszeit: Die OEE-Kennzahl berücksichtigt nur die Verluste, die während der geplanten Produktionszeit verursacht werden. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Sie Ihre Schichten und die auszuschließenden geplanten Stillstände wie Pausen, Meetings, etc. sehr präzise anlegen. Diese spielen sowohl bei der Berechnung des Verfügbarkeitsfaktors als auch des Leistungsfaktors eine große Rolle.
e) Ungeplante Stillstände: Zeitperioden, während denen Ihre Maschinen nicht wie geplant produziert haben. Gründe dafür können zum Beispiel technische Störungen oder fehlendes Material sein. Die Differenz zwischen der geplanten Produktionszeit und der Gesamtdauer der ungeplanten Stillstände liefert die tatsächliche Produktionszeit, welche die Verfügbarkeitsverluste ersichtlich macht. Um diese Stillstände manuell zu erfassen, müssen Sie die Start- und Endzeit jedes Stillstands aufnehmen. Alternativ können Sie diese Aufgabe einem automatisierten System überlassen.
Mehr zum Thema Datenerfassung zur Berechnung der OEE-Faktoren finden Sie in unserem Artikel "Vorteile einer automatischen OEE Erfassung".
4. OEE-Berechnung und Prozessoptimierung
Nun haben Sie alle benötigten Daten, um die OEE-Faktoren bzw. die OEE ganz einfach nach der folgenden Formel zu berechnen:
Wie Sie bereits wissen, ist die OEE ein Tool zur Überwachung der Anlageneffizienz. Beachten Sie aber, dass Sie allein durch die Erfassung der OEE nicht gleich effizienter produzieren werden. Um Ihre Prozesse zu optimieren, müssen Sie die OEE mit zielgerichteten Maßnahmen kombinieren, welche die Verlustquellen in Ihrer Produktion reduzieren. Die Prozessoptimierung ist ein zyklisches Verfahren, das aus den folgenden drei Schritten besteht, die Sie bis zum Erreichen Ihres Produktivitätszieles wiederholend durchführen sollten.
1. Erkennen von Schwachpunkten: Damit Sie überhaupt die richtigen Aktionen für den Verbesserungsprozess auswählen können, sollten Sie zuerst die zu Produktivitätsminderung führenden Ursachen aufdecken. Zum Erreichen dieses Ziels sollten Sie eine ständige Überwachung und Analyse der OEE durchführen. Das Ergebnis dieser Analyse offenbart die Ursachen, die zu Verlusten in den drei OEE-Faktoren führen. Zum Beispiel können Sie eine Liste der am meisten auftretenden Stillstandsgründe und Qualitätsdefekte erstellen, die Sie Schritt für Schritt ausschalten können.
2. Ergreifen von Maßnahmen: Nachdem deutlich geworden ist, wo die Produktionsverluste entstehen, können Sie diese Ursachen durch gezielte Maßnahmen beseitigen. Diese Maßnahmen müssen gut dokumentiert, geplant und umgesetzt werden.
3. Überprüfung der Wirksamkeit: Die Einführung neuer Maßnahmen reicht alleine nicht aus. Sie möchten auch feststellen, ob sich der Aufwand für Sie gelohnt hat. Daher sollten Sie die Auswirkung der einzelnen Maßnahmen so präzise wie möglich messen können. Dadurch sind Sie in der Lage, sich auf die effektivsten Methoden konzentrieren zu können und gegebenenfalls diese in zukünftigen ähnlichen Fällen wieder anzuwenden. Die positive Wirksamkeit einer Maßnahme kann sich z.B. in einer verbesserten OEE zeigen.
Schon nach kurzer Zeit werden sie realisieren, dass sich die Produktivität Ihrer Anlagen erhöht. Das wird unweigerlich zur Erkenntnis führen, dass die OEE-Kennzahl tatsächlich in die Hände des Produktionsteams gehört. Nachdem sich Ihre ersten Erfolge eingestellt haben und Sie sich mit der OEE-Kennzahl vertraut gemacht haben, können Sie das gleiche Verfahren auf eine größere Anzahl von Maschinen ganz einfach skalieren und eine höhere Produktivität in Ihrem gesamten Unternehmen erzielen.
Fazit
Die nutzenbringende OEE-Implementierung erfordert eine planmäßige und stetige Zusammenarbeit des gesamten Produktionsteams. Außerdem spielen die zu erfassenden Daten und die Art und Weise der Erfassung bei der Bestimmung der OEE-Kennzahl eine wesentliche Rolle. Zu guter Letzt ist der zyklische Optimierungsprozess erforderlich, um die gewünschte Produktivität zu erreichen.
Haben Sie noch Fragen oder benötigen Sie bei der Einführung der OEE Unterstützung? Unsere Experten stehen Ihnen mit Rat und Tat zur Seite.
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